Michael Jensen - Facharzt für Orthopädie

Manuelle Medizin

Aus manualmedizinischer Sicht sind die Beschwerden der Patienten oft der Ausdruck einer komplex belastenden Gesamtsituation. Der Manualmediziner begibt sich zusammen mit dem Patienten auf die Suche nach der Ursache, die vielfältiger Natur sein kann. Es spielen hier sowohl psychische als auch körperliche Faktoren eine Rolle: ungünstige Lebensumstände, schwere körperliche Arbeit, sitzende Tätigkeiten, Leistungssport, Über- oder Untergewicht, Sorgen im Beruf oder in der Familie und vieles mehr. Die manuelle Medizin hat immer einen ganzheitlichen Ansatz.

Der Manualmediziner stellt nicht selten auch akute Krankheitsbilder wie z.B. eine Blockierung in der Wirbelsäule oder an den Extremitäten fest. Diese können mit gezielten Handgriffen in der Regel relativ schnell behoben werden.

Außerdem spielen auch sogenannte sensomotorische Störungen eine Rolle. Diese betreffen hauptsächlich Kinder bis ins Teenageralter, aber auch Erwachsene. Hier können mit bestimmten Behandlungsmethoden nach ausführlicher Diagnostik gestörte Körperwahrnehmungen verbessert werden, es kann Einfluss auf die Muskelaktivität ganz allgemein genommen werden. Außerdem können Unsicherheiten beim Gehen mit Gleichgewichtsstörungen bis hin zu Sehstörungen, Kopfschmerzen und Schwindel verbessert werden.

Die Vorgehensweise besteht aus drei Säulen:

Anamnese/Untersuchung/Diagnose

In einem intensiven Anamnesegespräch erfährt der Arzt erste wichtige Informationen über die Lebensumstände des Patienten und über die Genese seiner Beschwerden. Die folgende Untersuchung erfolgt durch geschulte Handgriffe. Dabei sucht der Arzt gezielt nach Muskelverspannungen, Bindegewebsveränderungen oder Temperaturdifferenzen.  Meist sind die so ertasteten Befunde genauer als Röntgenaufnahmen oder Laboruntersuchungen. Dann stellt der Arzt die Diagnose.

Behandlung

Je nach Diagnose wird ein umfassender Behandlungsplan erstellt. Entweder nimmt der Arzt die Therapie selbst vor oder er zieht eine PhysiotherapeuteIn seines Vertrauens hinzu, der/die ebenfalls manualmedizinisch ausgebildet wurde. Sind die Ergebnisse der ersten Behandlungen noch nicht zufriedenstellend, werden weitere Schritte gemeinsam mit dem Patienten vereinbart. 

Rehabilitation/Training

Für einen nachhaltigen Erfolg entwickelt der Arzt ein umfassendes Aufbauprogramm, das dem Patienten eine aktive Rolle in seinem individuellen Heilverfahren zuschreibt.  Es beinhaltet vorbeugende Maßnahmen wie z.B. Empfehlungen für die Gestaltung des Arbeitsplatzes, Ratschläge für die Körperhaltung, Tipps zur richtigen Schlafunterlage usw. Darüber hinaus kann ein kontinuierliches Training bestimmter Körperpartien mit dem Patienten vereinbart werden. Falls nötig schlägt der Arzt weiterführende Behandlungen vor oder bezieht Experten anderer Disziplinen mit ein.  

Was passiert während der Behandlung?

Handgriffe statt Eingriffe
Die manuelle Medizin bedient sich einfacher Mittel und kommt oft ohne Spritze oder Medikamente aus. Ihre Instrumente: geschulte Hände. Die schmerzfreie Behandlung ist in der manuellen Medizin oberstes Gebot. Voraussetzung dafür ist u.a. die richtige Lagerung des Patienten. Mit gezielten Handgriffen stellt derArzt die Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken wieder her. Dabei übt er mit kurzen, raschen oder sich wiederholenden, langsamen Bewegungen und minimalem Kraftaufwand, Druck oder Zug auf Wirbel und/oder Gelenke aus. Die so dosierten Handgriffe lösen manchmal ein hörbares Knacken aus. Auf diese Weise können Blockierungen sowie muskuläre Verspannungen und damit auch die oft jahrelang ertragenen Schmerzen verschwinden.

Die Mobilisation – schafft mehr Bewegungsfreiheit
Die Mobilisation wird zur Vergrößerung des eingeschränkten Bewegungsraumes eingesetzt. Es handelt sich um wiederholte Bewegungen und Gleitbewegungen mit anfänglich geringer und später zunehmender Geschwindigkeit, die Entlastung schaffen sollen.

Die Manipulation
Die Manipulation lockert und löst blockierte Gelenke. Mit geringer Kraft werden Impulse mit hoher Geschwindigkeit und kleiner Amplitude vermittelt.

Die Weichteiltechniken
Das kurze Drücken eines Muskels mit den Fingern oder das Reiben einer gestörten Struktur etwa am Sehnen-Muskel-Übergang sowie die Dehnung quer zum Muskelfaserverlauf entlastet Muskeln und Sehnen.

Die Neuromuskulären Therapien (NMT)
NMT beheben Funktionsstörungen der Muskulatur und der Gelenke. Nach leichter, gleichförmiger Anspannung entspannt der Patient bewusst die zu behandelnden Muskeln (sog. postisometrische Relaxation). Bei der anschließenden Dehnungstechnik erfolgt eine kräftige Dehnung durch den behandelnden Arzt. Die Muskulatur entspannt durch die Aktivierung der gegenwirkenden Muskeln.
NMT können auch an den Gelenken eingesetzt werden, um dort die Beweglichkeit maßgeblich zu verbessern.

Spezielle Anwendungsmöglichkeiten der Manualmedizin

Manuelle Medizin in der Sportmedizin
Regelmäßiges körperliches Ausdauertraining gehört heute zum Fitnessprogramm vieler Menschen. Häufig treten aber neben den erwünschten Effekten auch Verletzungen und Überlastungsschäden auf. Der Manualmediziner verfügt über sehr effiziente Behandlungstechniken für Extremitäten sowie für Wirbelsäule und Rumpf und kann hier mit seiner funktionellen Denkweise behilflich sein.

Entlastung für Schmerzpatienten
Wie keine andere Therapieform weist die manuelle Medizin gerade bei der Behandlung chronischer Schmerzen gute bis sehr gute Wirkungen auf. Die meist durch intensive Pharmakotherapie, physikalische und invasive Therapie belasteten Schmerzpatienten sind besonders dankbar für eine schmerzfreie, manuelle Zuwendung. Die Hauptindikation für die manuelle Medizin sind Kopfschmerzformen, HWS- und LWS-Schmerzen, neuropathische Schmerzen sowie verschiedene dysfunktionelle Störungen.